Mit Patentrezepten ist es so eine Sache. Die Idee, das Leben mit dem geeigneten Rezept, mit dem perfekten Plan, mit einer „Weltformel“, in den Griff zu bekommen, ist vermutlich so alt, wie die Suche des Menschen. Es wäre ja auch wirklich verlockend, wenn wir die Probleme unseres „Welt-Alltages“ ein für alle mal lösen könnten – mit einem einfachen Rezept, das jeder umsetzen kann und das jedem schmeckt.
Leider kommt in diesem schönen Gedanken das Wort „wenn“ vor. Und darauf kannst Du Gift nehmen: Sobald irgendwo das Wort „wenn“ auftaucht – ebenso wie seine Geschwister „hätte“, „könnte“, „würde“, ist allerhöchste Vorsicht geboten.
So sehr wir auch keine Ahnung haben, wie … wir werden die Herausforderung, unsere Gegenwart zu gestalten und eine Zukunft zu kochen, die allen Lebewesen schmeckt und gut tut, nicht los. Das grosse 5 Sterne-Menü, nach dem wir alle, ein für alle mal gegessen haben – für immer und ewig – wird ein unrealistischer Traum bleiben. Soviel wissen wir.
Die Wunderlösung für alle ungelösten Fragen dieser Welt wird auch morgen nicht in unserem Postfach liegen. Also bleibt der Hunger nach dem tiefen Glück. An jedem Tag muss wieder neu gekocht werden. Simpel, aber essbar. Zubereitet aus dem, was uns zur Verfügung steht. Das ist sehr wichtig, denn unsere Teller werden leer bleiben, so lange wir glauben, es sei unmöglich mit dem Kochen zu beginnen, weil in unserem Kühlschrank die nötigen Zutaten fehlen. So lange wir meinen, wir können nichts ausrichten, weil wir zu wenig haben oder sind, weil uns zu wenig oder gar das Falsche zur Verfügung steht, so lange wird die Küche der Menschheit kalt bleiben. Der Hunger in den Herzen wird wachsen. Und das wissen sie selbst: Hunger und Glück kommen selten miteinander.
Deshalb ist es wichtig, nicht mehr länger zu warten, sondern mit dem Kochen zu beginnen und sich vom Augenblick und dem, was sich vorfindet, inspirieren zu lassen. Denn, auch wenn Du es nicht glaubst: Kochen kann jeder – andere Menschen nähren, auch.
Vielleicht besteht die Kunst der guten „Zukunfts-Küche“ ja gar nicht so sehr darin, WAS auf den Teller kommt, sondern vielmehr darin, was NICHT auf den Teller kommt. Vielleicht liegt das Geheimnis des unbekannten Patentrezeptes gar nicht in den Zutaten, die uns fehlen, sondern in den Zutaten die wir weglassen. Das wäre eine echte Festküche, der es gelänge die Menschheit zu nähren, in dem sie die Angst voreinander einfach wegliesse, und die Ausgrenzung und den Willen im Anderen die Bedrohung zu sehen.
Uups – da war er wieder, der verräterische Konjunktiv, das Wörtchen „wäre“. Aber vielleicht klappt’s ja trotzdem. Einen Versuch wäre es wert. Guten Appetit.