Auf’s Glück getauft…

Kurz nach Hl. Dreikönig wird getauft – und damit in’s volle Leben geschmissen.

Im Dunstkreis der Geburt und der Besuche aus aller Welt, können wir noch schwelgen und den romantischen Gefühlen freien Lauf lassen, aber nun beginnt der Ernst des Lebens. Jetzt werden wir mit Jesus in’s Jahr geschickt, in das Ungewisse seiner und unserer eignenen Zukunft.

Wenn man sich Bilder in Erinnerung ruft, auf denen die Taufe Jesu dargestellt wird, zeigt sich ein erwachsener Jesus, der im Wasser des Jordan steht und von Johannes, dem Täufer untergetaucht wird.
Moment, wie kann das gehen? Er wurde doch erst vor wenigen Tagen geboren?

Wer in diese Falle tappt, bringt die eigene Weltsicht und die Botschaft Jesu im Moment ein wenig durcheinander.

WIR taufen kleine Kinder. WIR taufen sie auf „Christus“ und machen sie damit zu einem Mitglied unserer kirchlichen Gemeinschaft. WIR setzen sie durch diese Religionszugehörigkeit von anderen Menschen, anderer Kultur und Religion ab. WIR glauben sie damit unter den Schutz des Himmels zu stellen – als ob sie das nicht auch so schon wären. WIR praktizieren Taufe als ein Fest des neuen, physischen Lebens.
Für Johannes und Jesus war das ganz anders.
Für sie ging es nicht um die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft. Jesus war Jude und er war dies auch nach seiner Taufe noch – niemand hegte daran irgend einen Zweifel. Er wurde dadurch auch nicht zum zahlungspflichtigen Mitglied einer jüdischen Gruppe um einen gewissen Johannes, dessen Lehren er von nun an zu befolgen hätte.
Jesus und Johannes verstanden Taufe als etwas viel grundlegenderes, existenzielleres.
Für Jesus ist die Taufe viel eher ein Weg zurück, zu den eigenen Wurzeln, zum verwurzelten Menschsein, das sich nicht überhebt, sich aber auch nicht für sich selber schämt.
Für ihn war das rituelle Waschen – denn nichts anderes ist die Taufe hier – ein Ausdruck seiner Demut und seines Mutes, die Verantwortung, die dem Menschen gegeben ist, als erwachsener Mensch zu übernehmen.
In der Taufe Jesu geht es nicht um Kinder, oder um Gottes Schutz, sondern darum, erwachsen zu werden. Es geht darum, statt mit allen Wassern gewaschen zu sein, unabhängig und ganz aus dem Geist der Unendlichkeit zu leben, an nichts hängen zu bleiben und sich von keinem Sog der Zeit ersticken zu lassen.
Es geht um Demut, Mut und Verantwortung.
Deshalb öffent sich auch der Himmel. Weil einer es fertig bringt, Mutig zu sein, ohne Macht zu wollen, bereit zu sein für tiefe Verantwortung und diese als Dienst zu verstehen. Der Himmel öffnet sich, weil einer begreift, dass der wahre Kniefall der Demut, der Mut zum Dienen ist. Der Himmel öffnet sich, weil einer tief verstanden hat, dass es auch auf ihn ankommt, dass keiner die Verantwortung für sein und unser Leben einem höheren Wesen, einem Gott oder seinen Stellvertretern abgeben kann. Der Himmel öffnet sich, weil sich da einer als Mensch, als echter Sohn der Unendlichkeit begreift – und bereit ist, dieses Erbe anzunehmen.
Deshalb hört er auch die Stimme (darin steckt schon das Wort „zustimmen“): „Das ist mein geliebter Sohn. An ihm habe ich gefallen gefunden.“
Das ist keine Aufforderung, diesem Sohn nachzulaufen und jeden Satz, den er spricht, nachzuplappern. Das ist eine Aufforderung, sich selbst genauso zu verstehen: Als Erbe, als Nachfahre Gottes, als konkretes Gesicht der Unendlichkeit.

Ich bin überzeugt, wir hätten gesellschaftlich eine Menge Probleme weniger, könnten wir langsam damit aufhören, die Menschheit hauptsächlich in ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe wahrzunehmen. Oder anders gesagt: Wenn es uns gelingen könnte, uns nicht mehr als kleine Kinder Gottes zu begreifen und uns nicht mehr kindisch, wie Kleinkinder zu benehmen, sondern die Einladung, erwachsen zu werden, anzunehmen, sähe unsere Welt vielleicht anders aus. Wenn wir uns als verbundene und eigenständige Partner Gottes begriffen, wenn wir uns nicht mehr verstecken müssten, hinter den selbstgemachten und scheinbaren Grenzen von Religionen und Kulturen, weil uns der Mut fehlt, ganz wir selbst zu sein, dann würde uns vielleicht auffallen, wie unsinnig es ist, sich wegen eben dieser eigentlich willkürlichen Zugehörigkeiten zu bekämpfen.
Wenn wir begreifen würden, wie wichtig es ist, die Verantwortung für das, was geschieht nicht immer und immer wieder an abstrakter und unerreichbarer Stelle zu suchen, wenn wir also nicht ständig die Religionen oder Kulturen für unsere Lust uns abzugrenzen und diese Grenzen zu schützen, verantwortlich machten, sondern wenn wir endlich begriffen, dass wir auch in den engsten, religiösen Grenzen als freie Menschen, aus dem freien Geist Gottes entscheiden könnten, wie würden wir erwachsen – als Menschheit.
Wie sehr würden wir uns nicht mehr benehmen wie pubertierende, die noch nicht gelernt haben, mit sich und der Welt umzugehen. Wie sehr würden wir begreifen, dass wir zum Glück getauft sind, und gerufen sind, allen Lebewesen auf ihrem Weg zum Glück zu verhelfen.